Über einen wunderschönen Japaner
Der Akita Inu, ein etwas anderes Rasseportrait
Der Akita Inu (im neuen Standard nur noch Akita, da Inu eigentlich nur Hund bedeutet) ist ein unglaublich schöner Hund. Bewundernde Blicke sind einem so gut wie sicher, wenn man mit einem Akita würdevoll den Weg kreuzt, und nach dem Film Hachikō ist er auch die Verkörperung von Treue, bei einem Hund schlechthin. Nimmt man sich dann den Rassenstandart zur Hand „Ruhig, treu, gehorsam und aufnahmefähig“ (http://www.japan-akita.de/deutsch/der-akita/standard/) dann schlägt so manchem Hundesuchenden das Herz höher!
Der perfekte Akita Halter nach Rassestandart?
Liest sich der Hundemensch dann noch weiter durch Quellen von Züchtern und Verbänden filtert sich ein bestimmter Typ Mensch raus: nicht so sehr sportlich, der Akita ist ja eher ruhig. Keine Hundesport Ambitionen, der Akita macht sowas ja sowieso nicht. Nach der Arbeit zum Ausgleich durch die Natur streifen, der Akita hat ja ein hohes Laufbedürfnis, das kommt einem da ja entgegen. Gesellig ist man ja auch nur so halb, jetzt noch ohne Hund läuft man ja auch nicht in Grüppchen durch die Gegend, die Ungeselligkeit gegenüber anderen Hunden ist also auch nicht das Problem. Außerdem hat man dann immer einen Beschützer an der Seite, denn der Akita ist ja vor allem auch mutig!
Alles in allem scheint er so ideal! Und was man sonst noch so liest „dominant“ und „rangordnungsorientiert“ ist ja auch nicht das Problem, da muss man dem Hund ja nur zeigen wer der Chef ist, dann greift bestimmt auch der zuerst angepriesene Gehorsam. Der perfekte Hund also für nebenbei, der ist ja treu, liebt seine Menschen abgöttisch, wird doch also wohl einfach so mitlaufen können durch des Menschen‘ s Leben … oder nicht?
Nein!
Klar und kurz: Nein! Rassebeschreibungen von Züchtern und Verbänden sind Liebeserklärungen an die jeweilige Rasse. Sie beschreiben das Ideal! (Es gibt zum Glück auch positive Ausnahmen!) Und manches ist auch nur auf den ersten Blick eine positive Beschreibung. Hunde sind zu allererst Individuen und kein Akita tickt wie der andere, ein gutes Beispiel ist hier das Spielen mit Spielzeug: Einige Akitas gucken Spielzeug, egal welcher Art, nicht mal an, andere lassen sich durchaus gern mal auf eine Zergelrunde ein und einige wenige lieben sicher auch das Apportieren, obwohl die Tendenz der Rasse eher zu Spielmuffel geht.
Was bedeutet der Rassestandart wirklich?
Das ist ein guter Ansatz: Rassebeschreibungen zeigen Tendenzen, innerhalb derer etwas mehr oder weniger stark ausgeprägt sein kann, oder selten auch mal ganz aus dem Rahmen fällt. Jetzt gilt es nur noch der Wahrheit hinter schönen Worten auf die Spur zu kommen, dann ergibt sich auch ein Bild zu wem der Akita wirklich passt:
„Ruhig“ ist genau wie „spielt nicht“ ein dehnbarer Begriff, es gibt Akitas die bellen nicht, aber andere tun dies durchaus, und wenn der Mensch auf die gut gemeinte Warnung, dass da etwas ist, nicht reagiert, dann kann der Akita auch recht hysterisch werden. Wenn man als Mensch die Warnung aber dankend annimmt, schauen geht was denn da gerade war und dem Akita damit signalisiert dass sich darum gekümmert wird, dann ist das Bellverhalten eines Akitas meist wirklich eher „Ruhig“
„Ruhig“ und das der Akita jetzt kein Hund für Agility oder Obedience ist, bedeutet zum Beispiel auch nicht das man eine Schlaftablette Zuhause hat. Altersentsprechend ist jeder Junghund bewegungsfreudig und hier spielt auch die angepriesene Intelligenz des Akitas mit rein, langweilen mag sich der Akita nicht und ist da auch sehr eigenständig sich Beschäftigung im Zweifel selbst zu suchen.
Ständiges Wiederholen von Signalen, als Beschäftigung, ist auch nur bedingt geeignet, hier heißt es als Mensch kreativ sein. Was macht dem Akita wirklich Spaß? Oft ist Nasenarbeit in vielen Formen etwas für Akitas, Mantrailing zum Beispiel. Lassen sich einige Hunde zu vielerlei Zeitvertreib motivieren, hat der Akita oft ein begrenztes Interessenspektrum, das allerdings dennoch gefunden und gefördert werden will, möchte man sich die angepriesene Ruhe im Haus erhalten, hier ist die Devise also eher „Was mag mein Hund mit mir machen?“ als „Was möchte ich mit meinem Hund machen?“
Gemütliche Spaziergänge nach der Arbeit, einfach die Seele baumeln lassen und der Akita trottet fröhlich nebenher, ist nicht das was gemeint ist, wenn es um das Laufbedürfnis geht, denn die angepriesene Ursprünglichkeit zeigt sich vor allem in einem: der Akita jagt! Gibt es hierzulande nun keine Bären, tun es auch Hasen, Mäuse, Rehe oder Eidechsen (etc.) und ja der Akita ist treu, aber mehrere Stunden weg zu sein bis die Beute wirklich erlegt ist, widerspricht im Auge des Akitas nicht seiner Treue zu seiner Familie, zu der er dann gern freudestrahlend zurückkehrt.
Wer versucht die Jagdlust mit blankem Gehorsam oder über Strafen einzudämmen, der zerstört jegliche Beziehung zu seinem Hund, das Vertrauen was er zu seinen Menschen hatte. Ist das Vertrauen erst mal zerstört, will der Akita immer noch seiner Jagdleidenschaft nachgehen, ob er dann allerdings noch zu seinem Menschen zurückkehren will, ist eine ganz andere Frage.
Es gibt heute viele gute Angebote das jagen eines Hundes in angenehme Bahnen zu lenken, um gut und gemeinsam damit zu leben, Jagdersatztraining (Trainer von Trainieren statt dominieren oder CumCane ) oder das Arbeiten nach der „Ulli Methode“ (eine Methode erarbeitet von Ulli Reichmann) sind z.B. zwei Wege die einem mit seinem Akita noch enger zusammenbringen und vielleicht auch das Ziel „Freilauf“ nicht unmöglich machen, aber vor allem ist es eines: Arbeit! An sich selbst, an dem eigenen Blick auf seinen Hund und in den ersten Jahren: den ganzen Spaziergang über!
Vorausschauend Spazierengehen muss man aber nicht nur wegen der Jagdleidenschaft. Ist der Welpe erst mal Zuhause eingezogen und zeigt sich in der Welpengruppe der Hundeschule doch so süß und tobt mit allen, verlieren viele Hundehalter aus den Augen, dass doch da in der Rassebeschreibung irgendwas stand von Einzelgänger und Ungesellig gegenüber anderen Hunden… die gute Nachricht: der Akita, auch der Akita Rüde ist nicht per se unverträglich, aber er ist auch kein Hund der immer und mit jedem kann oder gar spielen will.
Die Körperhaltung des Akitas ist immer, gewollt so gezüchtet, eine imponierende: Beine durchgestreckt, Kopf erhoben, Rute hoch getragen. Imponieren ist normales Hundeverhalten, gerade bei Jungrüden, gegenüber Weibchen zum „angeben“, oder auch anderen Jungrüden, imponieren soll eher Konflikte vermeiden, man zeigt was man hat, damit einer von beiden geht.
Doch genau wie pubertierende, menschliche Jugendliche nicht dafür bekannt sind, jedem Konflikt aus dem Weg zu gehen, so sind es auch hündische nicht. Auch hier zeigt sich der angepriesene Mut des Akitas, er ist durchaus bereit seine Konflikte auszutragen! Vor allem wenn er aus seiner Sicht „unbegründet“ von anderen „angemacht“ wird. Denn wie geschrieben, der Akita sieht immer aus als würde er imponieren, sein ganzen Leben lang. Und wenn er als Junghund deshalb oft Schwierigkeiten bekommt, lernt er auch sehr schnell, andere Hunde nicht sehr erfreulich zu finden!
Unabdinglich für den Akita-Halter ist hier genaue Kenntnis von der hündischen Körpersprache! Nicht nur den eigenen Hunde sollte man lesen können, sondern auch den von anderen. Wenn man Konflikte nahen sieht, wenn man schon von weitem sieht ob die Hunde sich freundlich gesinnt sind, oder eher nicht, dann kann man seinem Akita auch helfen gut aus der Situation zu kommen. So hat er die Chance bei der Einstellung zu bleiben, das Hunde nett sind und zu lernen, das Sie vorausschauend genug ihn anleiten können, das er sich nicht selbst darum kümmern muss.
Nichts desto trotz, in der Pubertät und darüber hinaus, man kann seine Umwelt nicht immer Kontrollieren und es wird zu Konflikten kommen, hier ist es wichtig, genügend Wissen und Selbstvertrauen zu haben um im Zweifel gut gemeinten Ratschlägen von außen „du musst ihm nur mal zeigen, dass er das nicht soll / wer hier der Boss ist“ nicht nachzugeben!
Der Begriff „Dominanz“ begegnet einem in der Hundewelt immer wieder und wird sehr oft als Begründung für alles Mögliche genommen, meist für Verhalten welches normal hündisch ist, aber jetzt in dieser Situation nicht gesellschaftskonform. Hierzu lohnt es einen Blick auf aktuelle Literatur zu dem Thema zu werfen, oder sich in einer der oben genannten Hundeschulen zu informieren, hier würde es den Rahmen sprengen.
Nur so viel, den Akita, oder egal welchen Hund, auf den Boden zu drücken oder ihn mit einem kräftigen Leinenruck etwas verbieten zu wollen, führt nur zu einem: Vertrauensverlust und fördert gar noch die Aggressivität die man gerade zu verhindern versucht! Und wenn wir etwas brauchen um mit unserem Akita gut durch den Alltag zu kommen, dann ist es sein Vertrauen in uns, hat er das nicht, wird er für sich selbst Lösungen finden und die sind selten so wie wir uns das vorstellen. Und das betrifft dann nicht nur die vorangehende Situation in der wir ihn zurechtgewiesen haben, sondern durchzieht alle Bereiche, nichts ist abgekoppelt zu betrachten!
So ist ein Hund nach einer nicht nur verbalen „Aussprache“ vielleicht bei der nächsten Hundebegegnung scheinbar friedlicher, aber dafür findet er plötzlich den nächsten Mensch der ihm zu nahe kommt gar nicht nett.
Ein dickes Fell gegenüber anderen Menschen und deren Meinung zu uns und unserem Hund, sind also Pflicht, auch weil der Akita vielleicht nicht innerhalb von 0,5 Sekunden seinen Hintern auf dem Boden hat, wenn man mal wieder denkt „oh wir müssen mal wieder Sitz üben“.
Gehorsam ist das verstehen von Signalen die wir senden und das umsetzten, ein Akita lernt wie jeder andere Hund auch Signale. Gegen einen guten, umgangssprachlichen Grundgehorsam spricht also nichts, wenn man sich etwas mit Lernverhalten von Hunden beschäftigt.
Denn wer meint, Kommandos mit Druck durchsetzten zu müssen, wird bei einem Akita auf Granit beißen und auch völliges Unverständnis und damit Vertrauensverlust ernten. Auch hier liegt es am Wissen des Hundehalters Situationen und seinen Hund richtig einzuschätzen, macht man das gut, wird sich der Akita auch durchaus gern „etwas sagen lassen“.
So langsam kristallisiert sich raus, dass der Akita doch nicht so der „nebenher“ Hund ist, oder?
Für wen ist der Akita also wirklich geeignet?
Grundsätzlich ist Erfahrung mit Hunden zu haben sicher nicht verkehrt, aber wenn man viel Erfahrung mit anderen Rassen mitbringt, kann einem das bei dem eigenen Akita auch im Weg stehen, deshalb ist es wohl eher die eigene Einstellung die zählt: Ist man bereit an sich zu arbeiten, mit dem Hund zu arbeiten, denn die ersten 2-3 Jahre werden viel Arbeit und das vorausschauende Agieren hört eigentlich nie auf, dann bekommt man mit einem Akita eine wundervolle Partnerschaft mit geben und nehmen.
Für Menschen die an ihrem „Möchtegern Machtanspruch“ gegenüber ihrem Hund hängen, ist der Akita gänzlich ungeeignet auch wer einfach nur desinteressiert mit seinem Hund durch das Leben schlendern möchte und glaubt das dieser dann aus Rücksicht auf ihn alles tut, oder eben lässt, wie z.B. Jagen, der sollte sich vom Akita verabschieden. Empathie, Zeit und Ruhe sind die Mittel der Wahl um aus einem Jungspund einen sicheren Akita zu machen. Wer das Wesen seines Hundes wirklich verstehen will, hat im Alltag, ob zu Hause oder draußen, viel zu lernen, wird dafür aber mit Glück auf beiden Seiten belohnt. Vor allem wenn neben Wissen rund um den Hund auch die Freundschaft hoch getragen wird.
Der perfekte Akita Halter sollte auch keine Scheu haben nach Hilfe zu fragen, eine gute Hundeschule ist oft Gold wert, eine schlechte kann viel zerstören, deshalb ist ein selbstsicherer Halter, der hinterfragen kann und auf sein Bauchgefühl hört, für den Akita sehr hilfreich!
Und Geduld! Geduld ist definitiv eine Eigenschaft die man haben sollte, steht der Akita doch gern sehr interessiert in der Weltgeschichte rum und beobachtet Minutenlang ein Geschehen. Da häufiges wiederholen von gleichen Übungen auch eher zu Motivationsverlust beim Akita führen kann, ist auch hier Geduld gefragt.
Wer gerne lernt, Neues erlebt und mit seinem Hund wachsen will, der darf sich gern vom tollen Äußeren des Akitas verzaubern lassen!
© Anja Meier, Hundeschule Art of life, unterstützt durch Marlen Maurer-Brandenberg Hundeschule und Verhaltensberatung TSCHiGi http://www.tschigi-school.ch/, 02.06.2016