Aus Jaskas Tagebuch
Ronny auf Abwegen

Huskyhündin Jaska

 

Unser Ronny auf Abwegen – wer hätte das je gedacht. Denn eigentlich ist er ein ganz Braver. Erst neulich mokierte er sich über meinen Antrittsbesuch bei unseren neuen Nachbarn.
Für mich ist es eben ein Gebot der Höflichkeit, kurz auf einen Hundekuchen vorbeizuschauen und mich vorzustellen. Man erkundigt sich nach dem Befinden der werten Familie und kann gleich einmal nachhaken, wie es denn so mit der Tierliebe allgemein bestellt ist.

Gibt es evtl. Haustiere, vielleicht sogar süße, knuddelige Kaninchen oder etwa gar niedliche ZWERGZIEGEN??? Dann verabschiedet man sich nach angemessener Zeit wieder und geht nach Hause. Oder man macht noch einen kleinen Abstecher zu den neuen vierbeinigen Kollegen: Hallo, ich bin die liebe, schmusige Jaskaaaaa…

Okay – wenn man Pech hat muss man anschließend rennen, was die Pfoten hergeben, weil die fremden Zweibeiner diesen Besuch völlig missverstanden haben. Aber neulich im Zweitrevier ist davon nichts passiert. Da habe ich weder Zwei- noch Vierbeiner angetroffen. Waren wohl alle zu sehr anderweitig beschäftigt.

Eigentlich war es ein wunderschöner Tag

Doch der liebe Ronny selbst…  Anfang Januar fuhr Christa mit uns am späten Nachmittag in den Wald am See. Nach unserer Runde wollten wir den Boss am Bahnhof abholen. Als wir wieder zum Auto kamen, hatten wir jedoch noch etwas Zeit, und deshalb beschloss Christa, mit uns ein Stück Richtung See zu laufen.

Inzwischen stand schon der Mond am Himmel. Er hing wie eine goldene Kugel über dem See, spiegelte sich dort im Wasser und ergoss sein güldenes Licht über die schneeverzauberte Landschaft.
Wow, Courts-Mahler hätte das nicht besser ausdrücken können!
Aber ganz im Ernst, es war wirklich wunderschön. 

Ronny und Jaska heulen den Mond an.
Unsereinem ist dann immer so zumute

Tja, und die meisten 2-Beiner werden ganz romantisch und fangen an zu träumen… So auch unser liebes Frauchen.

Schluss mit der Romantik

Doch plötzlich wurde sie mit der harten Realität konfrontiert. Ronny hatte etwas Fressbares auf vier Beinen entdeckt und wollte es seiner (in Ronnies Augen) einzig wahren Bestimmung -sprich: seinem Magen- zuführen. Da Christa durch Träumerei und lädierter Hand gehandicapt war, reagierte sie nicht schnell genug, und Ronny schoss samt voll ausgerollter Flexi von dannen, dem Objekt seiner Begierde hinterher. Da half kein Rufen und kein Pfeifen – er war weg! 

Wenn ich jetzt Wahrheitsfanatikerin wäre, müsste ich erwähnen, dass ich auch gern dem Tierchen hinterher gehechelt wäre. Aber erstens hatte Ronny es ausnahmsweise vor mir bemerkt und zweitens war ich am Bauchgurt, hatte also gar keine Chance, wegzukommen. Aber ich denke, das interessiert nur am Rande. Tatsache ist: Er ist weggelaufen und ich bin brav bei unserem Frauchen geblieben! Nur das zählt doch, oder? Wir hörten noch einmal die Flexi in unserer Nähe über den Boden schrammen, dann war Ruhe…

Ein bisschen neidisch war ich schon auf Ronny. Ganz frei so nah am Bauernhof mit Ziegen, Schafen und allerlei anderen Leckerlis. Was man da so alles unternehmen könnte…

Anruf beim Boss

Nachdem Christa merkte, dass Ronny nicht sofort zurückkommen würde, rief sie über Handy den Boss an. Er saß schon im Zug und war auf dem Nachhauseweg. Schonend bereitete sie ihn vor: Hm, wir haben da ein Problem… Völlig falsch, dachte ich. Es muss heißen: Wir haben endlich kein Problem mehr. Niemand mehr, der insgeheim auf mein Futter hofft,

 

Ronny hofft auf Jaskas Futter

nachdem er sein eigenes schon in Rekordtempo herunter geschlungen hat, der meine Ruheplätze mit Beschlag belegt, mit dem ich die Streicheleinheiten unserer Zweibeiner teilen muss, der mich manchmal ganz schön nervt usw. usw.

Dann fiel mir jedoch ein: Auf der anderen Seite aber auch niemand mehr, der mir Gesellschaft leistet, wenn unsere Unbepelzten nicht zuhause sind, mit dem ich jederzeit toben kann, wenn mir danach ist, 

Ronny und Jaska spüren Mäuse auf
                      

mit dem ich wunderbar gemeinsam Mäuse aufspüren kann, der mir Mut zuspricht, wenn mir das Autofahren mal doch noch nicht so ganz geheuer ist. Um nur einige Beispiele zu nennen. 

Na, der Bursche würde doch wohl nicht so verrückt sein und sich vom Jäger erwischen lassen, vor ein Auto rennen oder nur einfach so verschwinden?! Es kommen einem da ja die merkwürdigsten Gedanken.

Das weitere Vorgehen

Christa vereinbarte mit dem Boss, dass er sich am Bahnhof ein Taxi nehmen und zu uns heraus kommen solle. Im Dunkeln würde Ronny nie die Strecke nach Hause finden, und außerdem müsste er an einer stark befahrenen Straße entlanglaufen. Also würden wir alle am Auto auf ihn warten. Au weia, das konnte ja heiter werden. Mir war kalt, ich war müde und hungrig und wollte eigentlich gern in unsere warme Wohnung. Aber was tut man nicht alles für seinen Lebensabschnittsgefährten.

Wir machten uns im engeren Umkreis nochmals auf die Suche nach Ronny-Rübe, und plötzlich tauchte vor uns ein Schatten auf. Leicht geduckt kam da jemand angeschlichen – na klar, unser Ausreißer. Christa schmolz sofort dahin – vor Erleichterung und Rührung, weil sich unser Ronny doch offensichtlich seines Fehlverhaltens bewusst war. Warum sonst wohl seine demutsvolle Haltung? Bis sie merkte, dass es einfach an der 8 m langen Flexi lag. Der schwere Griff wirkte in dem unebenen Gelände mit Grasbüscheln, Maulwurfshügeln usw. wie ein Schleppanker. Kaum war die Flexi wieder aufgerollt und Ronny von dieser Last befreit, stand er aufrecht da und funkelte uns stolz an:

Ronny im Mondlicht nach Rückkehr vom Jagdausflug
    Na, wie habe ich das gemacht?

Als erstes wurde der Boss informiert. Sein Kommentar: Versohl‘ ihm ordentlich den Hintern, das hat er sich verdient. Au fein, dachte ich, endlich mal. Aber tief in meinem Innersten wusste ich schon, dass der Boss das nicht ernst gemeint haben konnte. Leider wusste Christa das auch, und deshalb geschah nichts in dieser Richtung. Schade, aber man kann eben nicht alles haben.

Mein Tipp an Ronny

Ich habe Ronny dann erst einmal geraten, demnächst nach einer solchen Eskapade wenigstens ein bisschen Reue und Zerknirschung zu spielen. So was kommt bei den Zweibeinern immer gut an. Am nächsten Tag hat er meinen Rat auch gleich beherzigt, und zwar als Christa ihn fragte: Was hast du dir bloß dabei gedacht? Da antwortete er: Das Tierchen hat so lecker gerochen, und ich hatte solchen Hunger! Zugegeben, der Text war mehr als schwach.

Ronny zeigt Reue wegen seines Jagdausflugs

Aber die Mimik war einfach toll – fast perfekt. Der Knabe entwickelt sich langsam. Ich glaube, dass wir noch viel Spaß miteinander haben werden. 

Fast ein zweiter Streifzug an gleicher Stelle

Ein paar Tage nach seinem Jagdausflug trafen wir Emma nebst Frauchen im Wald. Emma ist eine Collie-Hündin; etwas ängstlich aber sehr nett. Wir sehen sie eher selten, und deshalb unterhielten sich unsere Menschinnen auch ausführlich. Es ging dabei um immens wichtige Dinge wie z.B.: Wie haben sich Ihre Hunde denn am Silvesterabend verhalten? Das Thema war uns Vierbeinern nun wirklich alles andere als angenehm. Emma hatte panische Angst gehabt, und uns beiden war die Knallerei auch nicht gerade geheuer gewesen. Aber warum mussten unsere Leinenhalter sich jetzt noch darüber auslassen? Als wenn sie keine Schwachpunkte hätten. Na, Ronny hat das Thema dann auf seine Weise beendet. Er hatte die Flexi voll ausgenutzt und lag schräg hinter Christa, die dachte, er würde an einem Ast knabbern. Knabbern stimmte auch, nur dass es kein Ast war… Plötzlich rief Emmas Frauchen: Achtung, gleich ist die Leine durch!  Wie der Blitz war Christa bei Ronny, um sich die Bescherung anzusehen. Es hätte wirklich nicht mehr viel gefehlt, und er wäre allein zu einem Streifzug durch den Wald aufgebrochen. Jetzt blieb nur noch der Bauchgurt, um ihn angeleint nach Hause zu bringen.

Von dem Spaziergang schwärmt Christa bestimmt noch lange. Ronny und ich gleichzeitig an einem Bauchgurt, das hat ihr sicher gefallen. Wir haben uns auch alle Mühe gegeben, ihr das Laufen zu erleichtern. Über die zugefrorenen Pfützen haben wir sie in einem Rutsch hinweg gezogen. Dann wollten wir ihr zeigen, wie viel Spaß es macht, hinter einem Reh herzujagen. Aber irgendwann haben wir doch gemerkt, dass es keine Begeisterungsrufe waren, die da an unser Ohr drangen. Also manchmal verstehe ich die Zweibeiner wirklich nicht. Sie haben so gar keinen Sinn für Dinge, die Spaß machen.

Ronny und Jaska auf einer Bank im Wald

Der Boss und Christa meinten an diesem Abend, Ronny-Rübe und ich würden jeweils die Unarten vom anderen übernehmen. Das habe ich nun überhaupt nicht kapiert. Sie wissen doch ganz genau, wie gut sie es mit uns getroffen haben. Etwas in dieser Art haben sie neulich erst selbst geäußert. Aber so sind die Menschen eben: Hauptsache, sie können über irgendetwas meckern…