Aus Jaskas Tagebuch
Die Spaßbremse oder Wer braucht schon Leinenhalter?

Huskyhündin Jaska

Sicher geht es nicht nur Ronny und mir so. Bestimmt haben viele unserer Artgenossen das gleiche Problem. Aber das ist mir in solchen Momenten nur ein schwacher Trost. In diesen Momenten, in denen ich mich völlig gefrustet frage: Wer braucht schon Leinenhalter? Meine Leinenhalterin hat sich nämlich erst kürzlich wieder als die Spaßbremse schlechthin erwiesen.

Es ist ja nun mal so: Ich bin eine perfekte Huskydame mit ausgeprägtem Jagdinstinkt, und ich bin stolz darauf. Manche Leute wissen so etwas auch zu schätzen. Nur mein restliches Rudel leider nicht.

Ein ganz besond’rer Duft, der liegt heut‘ in der Luft

In einem unserer drei “Stammreviere” gibt es ein kleines Wasserschloss. Den Weg daran vorbei durch die Wiese und in den Wald benutzen wir meistens nicht, weil der teilweise sehr schmal und oft matschig ist. Aber diesmal gab es einen kräftigen Regenschauer, so dass Christa sich dort unter den großen Bäumen mit uns unterstellte. Ich hab’ gleich gemerkt: Da liegt was in der Luft… Es roch traumhaft nach leckerem Essen: Gänse, Enten, Hühner, Schafe und kleine Zicklein, all diese Köstlichkeiten konnte ich erschnuppern. Nur leider ließ sich keine der Delikatessen sehen. Hatten sich wohl alle wegen des Regens verkrochen. Na ja, wer könnte das besser verstehen als ich. Wenn es regnet, kriege ich z.B. eine riesengroße Blase. Da müsste ich den ganzen Tag nicht raus. Nur begreifen meine Unbepelzten dieses biologische Phänomen einfach nicht und bestehen auf Gassigehen, auch wenn ich mich noch so sträube.

Aber zurück zum Geschehen. Als der Regen nachließ, liefen wir weiter in den Wald. Auf dem Rückweg wollte Christa die übliche Route einschlagen, d.h. also nicht direkt zum Schloss sondern in einem Bogen daran vorbei. Doch nicht mit mir. Mein Gedächtnis ist nämlich super, solange es sich nicht um Verbote handelt. Dann allerdings schleicht sich schon mal eine leichte Vergesslichkeit ein.

Man muß das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.

Wasserschloss mit ZiegengehegeDem Zitat von Hermann Hesse folgend zog ich also auf den Weg Richtung Schloss. Christa hatte mich dieses Mal am Bauchgurt. Das macht sie jetzt öfter; ich unterstelle einfach, sie hat allmählich gemerkt, dass meine Zugkraft bergauf ganz nützlich sein kann. Meine Zweibeinerin kennt mich ja inzwischen ganz gut. Sie lachte und meinte: “Na, irgendetwas besonderes gerochen, Jassi? Dann wollen wir mal schauen.” Das war ihr erster Fehler. Ich hatte so etwas wie Zustimmung gehört und nahm Anlauf. Dass sie nicht spätestens jetzt umkehrte, war ihr zweiter Fehler. Als ich einmal richtig in Schwung war, konnte sie mich nämlich nicht mehr stoppen. Und Ronny hatte jetzt auch Witterung aufgenommen. Er zog ebenfalls kräftig nach vorn. Dazu kam, dass der Weg an der Stelle mit Platten ausgelegt ist, die durch den Regen völlig glitschig waren. Und Christa trug Schuhe, die kaum Profil hatten, so dass sie keinen festen Halt bekam und einfach nur hinter uns herschlidderte. Ist aber auch ihre eigene Schuld….. sie weiß doch, dass sie bei mir mit allem rechnen muss. Da kann sie sich doch wenigstens gescheites Schuhwerk anziehen! Jedenfalls – oh welch Vorfreude auf den Genuss – tauchte plötzlich das Gatter mit den Zwergziegen vor uns auf.Zwergziegen - gerettet von der Spaßbremse Und der Zaun war nicht wirklich hoch. Für mich zumindest kein Hindernis.

Ein solches war aber plötzlich hinter mir. Meinem lieben Frauchen war es gelungen, von den Platten hinunter auf den Seitenstreifen zu kommen. Sie stemmte die Füße in den Boden und konnte mich unmittelbar vor dem Sprung über das Gatter stoppen. Na – und dann kamen die üblichen Sprüche: Aus, pfui, zurück, Platz usw. Bei Ronny wirkte das, aber doch nicht bei mir! Ich hörte das alles ohnehin nur wie aus weiter Ferne. Einem Leckerbissen so nah – da halten mich doch keine Worte auf. Aber ich schaffte es einfach nicht, über den Zaun zu kommen, so sehr ich mich auch anstrengte. Ich hoppelte und gab vor lauter Aufregung wohl auch so etwas wie ein Bellen von mir, obwohl ich sonst nur heule wie ein Wolf. Doch ohne Erfolg. In dem Gatter rammte der Ziegenbock den Kopf todesmutig gegen den Zaun, um seine Frauen zu verteidigen.

Das spornte mich nur noch mehr an. Was bildete sich dieser Dummkopf denn wohl ein? Also wenn ich gekonnt hätte, wie ich wollte…

Wäre ja auch zu schön gewesen

Konnte ich aber leider nicht. Denn langsam arbeitete sich Christa rückwärts den Weg entlang, mich immer ein Stückchen mehr von meiner Zwischenmahlzeit wegziehend. Ronny tanzte jetzt um mich herum, knurrte und brummte mich an und wollte Christa wohl so helfen, mich wieder zur Räson zu bringen. Aber ich habe das gar nicht richtig wahrgenommen. Es ist einfach zu hart, wenn einem ein saftiger Braten kurz vor dem Zubeißen wieder weggenommen wird.

Irgendwann waren wir auf unserer alten Route, und ich kam langsam wieder zu mir. Dann hielt ein Autofahrer neben uns an. Wie sich herausstellte, war das der Herr der Ziegen. Der hatte unseren Auftritt mitbekommen und bat Christa, diesen Weg doch künftig zu meiden. Nachdem sie das versprochen und sich entschuldigt hatte, trennten sich die beiden in – wie soll ich das mal vorsichtig ausdrücken – neutraler Stimmung. Ich möchte aber nicht wissen, was der Herr der Ziegen wirklich gedacht hat.

Typisch Leinenhalter – Spaßbremse und kein bisschen Verständnis

Husky Jaska ist sauer auf die Leinenhalter.

Christa war jedenfalls stocksauer auf mich. Zuhause hat sie sofort dem Boss alles gepetzt und mich den ganzen Abend nicht beachtet, abgesehen davon, dass sie mir das Futter wortlos hingestellt hat. Irgendwann meinte sie dann: “Na Jassi, lassen wir es gut sein. Komm’ mal her.” Aber so einfach geht das nicht;  ich kann auch nachtragend sein. Ich bin einfach aufgestanden und aus dem Zimmer gegangen. “Ok”, meinte Christa, “dann zick’ doch ‘rum.”  Der Boss, der das mitbekam, lachte und sagte: “Frauen unter sich – gar fürchterlich.” Keine Ahnung, wie er das gemeint hat. Zickig bin ich nun wirklich nicht. Überhaupt sollte man das Wort im Zusammenhang mit dieser Geschichte vermeiden. Ich halte mich einfach nur für eine äußerst sensible Huskydame.

Doch darüber gab es mit Ronny auch schon einige Streitgespräche.

Irgendwann am Abend fehlten mir dann aber meine Streicheleinheiten, so dass ich doch zu Christa gegangen bin. Wir haben das Kriegsbeil begraben und sie hat mich noch eine ganze Weile geknuddelt.

© Christa Burow