Merlin ist eifersüchtig
Merlins Trauma ist gewichtig:
Er ist maßlos eifersüchtig.
Grad noch spielt er erste Geige
und jetzt wird er plötzlich Zeuge,
wie sein Frauchen ungestüm
Küsse tauscht – doch nicht mit ihm.
Was den Hund enorm verstört,
weil ja Frauchen ihm gehört.
Nein, aus mannigfachen Gründen
muss er so was unterbinden
und er sucht nach Möglichkeiten,
beiden Ärger zu bereiten.
Und – voilà! – da ist sie schon,
seine erste Option,
um Rivalen zu vergraulen:
nämlich penetrantes Jaulen.
Doch die beiden ignorieren
händchenhaltend sein Agieren
und die ganze Jaulerei
rauscht an ihrem Ohr vorbei.
Nun, dann muss er sich bemühen,
andre Seiten aufzuziehen.
Etwa mit Dazwischengehen,
wenn sie beieinander stehen
oder eng beisammen hocken.
Und um derlei abzublocken,
quetscht sich Merlin, wenig prüde,
dafür ausgesprochen rüde
und mit schlecht verhehlter Freude
auf dem Sofa zwischen beide,
sprengt die traute Zweisamkeit
quasi aus Besitzerneid.
Doch auch das verändert nichts.
Darum greift er angesichts
dieser Pleite voll Geschick
gleich zu seinem nächsten Trick:
Er verweigert schlicht sein Fressen.
Frauchen soll daran ermessen,
dass er – und nicht ohne Grund –
wahrhaft leidet wie ein Hund.
Nicht genug! Zum Drüberstreu’n
saugt er noch die Wangen ein,
speichelt schwach, gibt vor zu taumeln,
lässt voll Leid die Ohren baumeln
und erwartet int’ressiert,
wie sein Frauchen reagiert.
Doch sie meint nur lapidar:
„Du speckst ab? Na wunderbar!
Wirst ja bald die Hälfte wiegen!“
Merlin hört’s mit Missvergnügen.
„Mist! Schon wieder voll daneben“,
knirscht er bös. „Darf ’s so was geben?
Langsam wird mir das zu dumm!!“
Und versucht es andersrum.
Er fängt an, den Hundemagen
sich so gründlich vollzuschlagen,
dass es ihm die Därme bläht
und der Bauch zum Himmel steht.
„Winde ich mich dann in Krämpfen,
wird sie um mein Leben kämpfen
und dann gibt es sicherlich
wieder nur mehr sie und mich!“,
sagt er sich. Dann wird ihm schlicht
furchtbar übel und er bricht.
Doch er kennt sein Frauchen schlecht.
Sie sagt bloß: „Geschieht dir recht!“
und „Ab morgen gibt’s Diät!“
Dann dreht sie sich um und geht.
Das ist schließlich der Moment
wo der weise Hund erkennt:
Widerstand hat keinen Sinn
und bringt keinerlei Gewinn.
Was vergeigt ist, ist vergeigt.
Also scheint es angezeigt
nachzugeben. Und darum
schwenkt der Gute geistig um,
akzeptiert das Spiel zu dritt
und fährt seither gut damit!
© Hannelore Nics
Aus „Bücher für tierliebe Menschen“, erschienen im Mariposa-Verlag