Hannelore Nics
DER ERL-HUND – frei nach Goethes Erlkönig

Wer winselt so spät bei Nacht und bei Wind?
Das ist doch der Merlin. Er weint wie ein Kind.
Er hält seinen Rücken gar angstvoll gekrümmt,
bis Frauchen kapiert, dass da was nicht stimmt.

„Sag Merlin, was klebst du an mir denn so dicht?“
„Siehst, Frauchen, du den Dobermann nicht?
Den Dobermann mit kupiertem Schweif?“
„Das, Merlin, das ist ein Nebelstreif.“

„Komm, feiner Pinkel, mir nicht in die Quer,
sonst wirst du´s bereuen. Ich warne dich sehr!
Und bleib mir vom Leib, andernfalls mach ich <schnapp!>
und beiße dir lustvoll das Ohrwaschel ab!“

„Ach Frauchen, ach Frauchen! Sag, hörst du denn nicht,
wie hundsgemein dieser Dobermann spricht?“
„Ach Merlin, du Dummchen, beruhig dich geschwind.
In dürren Blättern säuselt der Wind.“

„Jetzt plagt dich das Bauchweh, ich seh es dir an.
Du bist eine Memme! Denn wärst du ein Mann,
dann wähltest du nicht schon beim ersten Schock
als Zuflucht vor mir einen weibischen Rock.“

„Ach Frauchen, mein Frauchen! Und siehst du nicht dort
den Dobermannrüden am düsteren Ort?“
„Du angstvolles Schäfchen, ich seh es genau:
Das ist das Gestrüpp beim Gemeindebau.“

 „Okay, feiger Köter, jetzt hab ich genug
von deinem Gewinsel und ende den Spuk!“
„Ach Frauchen, zu Hilfe! Jetzt springt er mich an

und hat mir am Ohrwaschel wehgetan.“

Das Frauchen greift runter und zieht aus dem Ohr
des angstvollen Merlins drei Dornen hervor.
„Bin nur fantasievoll, doch geistig nicht krank“,
brummt dieser und macht ihr ein Häufchen zum Dank.

Mehr über Merlin kann man in dem Buch Gassi Impressionen von Hannelore Nics erfahren, erschienen im Mariposa-Verlag