Auch das gehört leider zur Tierschutz-Arbeit
No Name – einer von vielen

Wie immer beginnt der Tag nach dem üblichen Morgenprozedere: Mails abrufen. Wie immer ist viel Schrott dabei – Spams, Werbung, Newsletter, Eingangsbestätigungen. Ich sortiere durch. Ah, endlich etwas mehr Übersicht und ich komme zum Wesentlichen.

Schau Dir mal den an …!, springt mir sogleich der Satz einer Tierschutzkollegin entgegen. Noch bevor ich das Bild öffnen kann, versetzt mir der Name einen Stich: NoName.jpg. Ich öffne das Bild und schaue ins Gesicht eines ca. 10-jährigen silbergrauen Huskyrüden. Unglaublich, welche Ausstrahlung dieser Hund alleine schon übers Foto hat. Wie mag das erst sein, wenn man ihm gegenübersteht?

Husky hinter Gittern

Schnell ist mir klar: Das ist er – mein nächster Pflegehund. War diese Stelle doch grad vor zwei Wochen freigeworden, sodass man sie wieder neu besetzen kann. Schleunigst gebe ich die positive Rückmeldung: Ich nehme ihn. Denn ich weiß, bei Inhaftierten der spanischen Perreras drängt immer die Zeit; und dass dieser Hund gerade dabei ist aufzugeben, bescherte ihm schließlich den Notruf über den Tierschutzverteiler.

Die Kette der Tierschutzorgas funktioniert wie so oft beispiellos. Innerhalb von weniger als 8 Stunden erhalte ich die Nachricht aus Spanien, dass der Hund zu mir kommen wird. Die Freude ist groß. Doch noch am selben Abend des Tages, welcher, so meinte ich, sehr gut begonnen hatte für diesen Hund, kam die ernüchternde Antwort. Man habe inzwischen den Impfpass des Tieres gefunden. Er sei ein Abgabetier und schon 13 Jahre alt. Der zuständige Tierarzt habe daher entschieden, dass der Hund morgen eingeschläfert werde.

Ich bin mal wieder fassungslos. Wer gibt sein Tier nach 13 Jahren , einfach so, ab ?????????? Der Rest des Tages ist überschattet vom nun unabwendbaren Schicksal. Selbst nach Jahren der Tierschutzarbeit trifft eine solche Information einen immer wieder gleich hart, obwohl man ja weiß, dass man nicht alle Hunde  retten kann. Auch das Wissen, dass in dieser Perra sanft euthanisiert wird, ist mir kein Trost. Die halbe Nacht bin ich noch immer in Gedanken bei diesem – mir ja eigentlich unbekannten – Hund, habe seinen Blick und seine Situation ständig vor Augen.

Drei Tage später

Der Frust hat sich ein wenig gelegt. Das ist eine Selbstschutzmaßnahme! Man versucht zu verdrängen, den Kopf freizuhalten für die nächsten Notfelle. Sonst überlebt man das „Hobby“ Tierschutz nur schwer. Es sind viele. Jeden Monat, jede Woche, jeden Tag … Doch seit gestern habe ich ein neues Hintergrundbild auf dem PC. Als Mahnmal dafür, nur ja nicht aufzugeben. Für Hunde wie No Name. Es war das Letzte, was ich für ihn tun konnte. Weiterkämpfen ist die Devise, für die vielen anderen, auch wenn er es nicht geschafft hat, so ist er bei mir zum Stellvetreter geworden für alle seine Kumpel, die in ähnlicher Situation sind. – Und er bekam auch einen neuen Namen: No Chance. Denn er hatte keine.

© Andrea Feder (Nothilfe-Polarhunde NORD)